Am 26. Juli 2012 ist das Mediationsgesetz in Kraft getreten. Damit gibt es in Deutschland erstmals konkrete gesetzliche Rahmenbedingungen für ein Verfahren der außergerichtlichen
Konfliktbeilegung. Der Anstoß für dieses Gesetz kam allerdings aus Brüssel. Mit dem Mediationsgesetz wird gleichzeitig auch die europäische Mediationsrichtlinie (RL 2008/52/EG) vom 21.05.2008
umgesetzt.
Reden statt kämpfen
Grundsätzlich soll das Mediationsgesetz dazu ermuntern, sich gütlich zu einigen statt vor Gericht bis zur letzten Instanz für sein Recht zu kämpfen.
Was ist Mediation?
Das Mediationsgesetz definiert Mediation als ein „vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrere Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine
einvernehmliche Beilegung ihres Konflikt anstreben.“
Neue Vorgaben für den Zivilprozess
Künftig muss in jeder Klageschrift stehen, ob der Klage der Versuch einer Mediation oder ein anderes außergerichtliches Verfahren zur Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung
dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Außerdem haben die Gerichte die Möglichkeit, den Parteien eine Mediation vorzuschlagen und solange das Ruhen des Verfahrens
anzuordnen.
Verhaltenspflichten und Aufgaben der Mediatoren
Das Mediationsgesetz legt grundlegende Verhaltenspflichten und Aufgaben der Mediatoren fest und enthält einige Tätigkeitsbeschränkungen zur Sicherung der Unabhängigkeit und Neutralität der
Mediatoren.
Verschwiegenheitspflicht der Mediatoren
Um die Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens zu gewährleisten, wurde eine allgemeine Verschwiegenheitspflicht für Mediatoren eingeführt, was zugleich ein Zeugnisverweigerungsrecht für
Mediatoren begründet.
Standards und Qualitätssicherung
Die Anforderungen an Grundkenntnisse und Kernkompetenz eines Mediators sind im neuen Mediationsgesetz präzisiert und die Bezeichnung "zertifizierter Mediator" gesetzlich verankert worden.
Allerdings werden die Standards für dieses Zertifikat und die Aus- und Weiterbildung von Mediatoren erst in einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung festgelegt.
Insgesamt bezweckt das Mediationsgesetz eine Entlastung der staatlichen Gerichte, eine deutliche Beschleunigung von Konfliktlösungen sowie eine nachhaltige Verbesserung der Streitkultur.
Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Vorteile von Mediationsverfahren gegenüber Gerichtsverfahren besteht durchaus eine gute Chance, dass diese Ziele auch erreicht werden.
Wirtschaftliche Vorteile der Mediation
Wesentlichen Vorteile der Mediation gegenüber Gerichtsverfahren sind eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis, die Eigenverantwortlichkeit der Streitparteien sowie die Nachhaltigkeit ihrer
Ergebnisse.
Mediationsverfahren sind schnell!
Erheben Sie Klage vor einem staatlichen Gericht, dauert es meist schon mindestens ein halbes Jahr bis es zur ersten mündlichen Verhandlung kommt. Dagegen können Sie ein Mediationsverfahren sofort
starten, indem Sie kurzfristig einen Termin zusammen mit dem Mediator vereinbaren.
Mediationsverfahren können häufig schon in einer Sitzung ohne umfangreichen Schriftverkehr mit einer einvernehmlichen Lösung beendet werden. Dagegen dauern Gerichtsprozesse – jedenfalls wenn der
Streit wie so oft in die zweite Instanz geht – oft elend lange. Bis das Oberlandesgericht entscheidet, vergehen nicht selten bis zu drei Jahren!
Mediationen sind kostengünstig!
Die Kosten eines Mediationsverfahrens sind nicht vom Streitwert abhängig. Sie werden meist auf Stundenbasis abgerechnet, wobei die Stundenhonorare von Mediatoren erfahrungsgemäß zwischen 150,-
und 300,- Euro liegen. Die Gerichtsprozesskosten dagegen sind um so höher, je höher der Streitwert ist. Deshalb ist jedenfalls bei höheren Streitwerten eine Mediation erheblich günstiger als ein
Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen. Hierzu ein Beispiel:
Streitwert 10.000,- Euro Prozesskosten bei zwei Instanzen: ca. 6.600,- Euro
Streitwert 100.000,- Euro Prozesskosten bei zwei Instanzen: ca. 23.000,- Euro
Streitwert 1.000.000,- Euro Prozesskosten bei zwei Instanzen: ca. 85.000,- Euro
Dagegen liegen die Kosten einer Mediation bei 1 bis 3 Tagessätzen zwischen 1.500,- Euro und 6.000,- Euro. Oftmals dauern Mediationsverfahren auch weniger lang als ein Tag, so dass sich die Kosten
dann entsprechend reduzieren.
Völlig unterschätzt werden in der Praxis meist auch die durch einen Rechtsstreit vor Gericht entstehenden internen Kosten eines Unternehmens. Allein durch die Vorbereitung bis zur
erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung können interne Kosten in Höhe von 20% des Streitwertes entstehen. Zu beachten ist auch, dass die Unternehmen auf diesen internen Kosten immer „sitzen
bleiben“, selbst wenn sie im Gerichtsprozess voll obsiegen würden.
Eigenverantwortung der Streitparteien
Bei einem Gerichtsprozess übergeben Sie Ihren Streit in die Hände eines Dritten, des Richters. Dieser ist zwar an die bestehenden Gesetze gebunden. Die Spielräume bei der Auslegung dieser Gesetze
und auch der dazu ergangenen Rechtsprechung sind allerdings sehr groß. Diese Auslegungsspielräume füllt der Richter mit seinem Rechtsempfinden aus, welches wiederum stark von seinen persönlichen
Ansichten und Erfahrungen geprägt ist. Dementsprechend ungewiss ist dann auch der Ausgang des Prozesses. Nichts anderes besagt das alte Sprichwort: „Auf hoher See und vor Gericht ist man in
Gottes Hand“.
Bei einer Mediation dagegen nehmen Sie Ihr „Schicksal“ selbst in die Hand. Sie selbst suchen zusammen mit der oder den anderen Streitpartei(en) eine Lösung, die dann auch entsprechend individuell
zugeschnitten ist und den Interessen aller Streitparteien entspricht. Gerade Unternehmen brauchen nicht nur schnelle Entscheidungen, sondern vor allem Entscheidungen, an deren Entstehen sie
selbst mitwirken können, wo sie Einfluss nehmen können auf das, was am Ende herauskommt.
Kreative Lösungen
Gerichte kümmern sich nur um die Frage, wer Recht hat. Diese Frage ist nicht nur für das Urteil des Gerichts entscheidend, sondern auch beim Abschluss von gerichtlichen Vergleichen. Solche
Gerichtsvergleiche sind selten wirklich interessengerecht, weil die Interessen der Streitparteien erst gar nicht auf den Tisch kommen. In Mediationsverfahren dagegen konzentrieren sich die
Streitparteien auf ihre gegenseitigen Interessen und zwar auch auf Interessen, die außerhalb des eigentlichen Streitstoffes liegen. Oft verstehen die Parteien erst hier, worum es dem
anderen wirklich geht. Dementsprechend mehr kreatives Potenzial steht den Parteien dann auch zum Auffinden einer konstruktive Lösung zur Verfügung.
Nachhaltigkeit
Gerichtsurteile werden den Parteien im Grunde „übergestülpt“. Jedenfalls der „Verlierer“ wehrt sich innerlich gegen das Urteil und wird deshalb versuchen, die Umsetzung des Urteils – wo es nur
geht – zu verhindern. So nimmt der Streit oft weiterhin einen unerfreulichen Verlauf. Es kommt zu unliebsamen Zwangsvollstreckungen, die allerdings auch nicht immer von Erfolg gekrönt sind. Im
schlimmsten Fall scheitern sie an der Insolvenz der anderen Streitpartei und man bleibt, obwohl man den Prozess gewonnen hat, auch noch auf sämtlichen Kosten des Gerichtsprozesses hängen.
Anders bei der Mediation: Die dort gefunden Lösungen sind nachhaltig, da diese Lösungen die individuellen Interessen aller Streitparteien berücksichtigen und von diesen selbst gefunden und
herausgearbeitet worden sind. Deshalb stehen die Parteien auch hinter diesen Lösungen und setzen sie dann auch entsprechend um. Einer Zwangsvollstreckung bedarf es hier erst gar nicht.
Mediationen wirken zusammenführend
Während Gerichtsverfahren die Parteien weiter spalten, führen Mediationen die Streitparteien wieder zusammen. So kommt nach einer gelungenen Mediation für die Parteien oft auch wieder eine
weitere Zusammenarbeit in Betracht, was bei Gerichtsverfahren so gut wie ausgeschlossen ist.
Gelungene Mediationen führen zu einer hohen Zufriedenheit der Parteien. Bezeichnenderweise bieten auch Rechtsschutzversicherungen ihren Kunden immer häufiger Mediationen mit entsprechender
Kostendeckung an, was nicht nur mit der erheblichen Kostenersparnis zusammenhängt, sondern vor allem auch mit der Feststellung einer deutlich höheren Kundenzufriedenheit bei der Durchführung von
Mediationen gegenüber Gerichtsprozessen.
Das neue Mediationsgesetz können Sie abrufen unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/mediationsg/gesamt.pdf
Angelika Schaeuffelen
Strubbergstraße 70
60489 Frankfurt
Tel. 0171 6510253 oder 069 781584
angelika@schaeuffelen.de
www.schaeuffelen.de
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Diese Klausel gehört in jeden Vertrag!
Die Wirtschaftsmediatoren (IHK) empfehlen, in jeden Vertrag folgende Mediationsklausel aufzunehmen:
"Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus diesem Vertrag ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit eine Mediation durchzuführen, bevor sie bei einem ordentlichen Gericht (oder Schiedsgericht) Klage erheben."
Konflikte sind wie Schnürsenkel -
wer sie offen lässt, droht zu stürzen.